Leserfoto – „New Orleans River Walk“: Farbstimmung und Komposition

Bei manchen Bildern macht die starke Farbstimmung die Aufnahme, wenn auch anderes nicht ganz stimmt.

(c) Borg Enders

Nachtaufnahme des Missisippi und der River Walk Promenade in New Orleans.
Mich sprach dieses Bild insbesondere durch seine starken Violett/Blau-Töne an.

Unlängst wurde auf fokussiert Dein Foto der Brooklyn Bridge bei Nacht besprochen – zufällig auch von mir. Wir sehen eben nicht, wer das Bild gemacht hat, bis wir es ausgewählt haben. Meines Erachtens ist es für den Lerneffekt unterm Strich auch egal, von wem die Aufnahme stammt.

Jedenfalls ist es dieses Mal ein Bild des Riverwalk in New Orleans – Du scheinst sehr reisefreudig zu sein. Wenn man eine Weile in den USA ist, und nichts vom Land gesehen hat, macht man etwas falsch (obwohl ich viele Expats kenne, die ihren Urlaub fast ausschließlich in ihrem Ursprungsland verbringen).

Du hast den Riverwalk bei Dämmerung fotografiert. Es ist noch nicht ganz dunkel, der Himmel leuchtet noch blau, fast violett. Dieses Blau spiegelt sich im Mississippi, wie auch die orange leuchtenden Lichter der Brücke und der Gebäude. Der Riverwalk selbst ist nicht zu sehen, obwohl er auf die Gebäude rechts zuführt und Du von ihm aus fotografiert hast.

Deine Entscheidung, die Aufnahme am Abend zu machen, und Dich auf die Brücke zu konzentrieren, gibt uns einen anderen Eindruck des Riverwalk. Sonst sieht man ihn gerne bei Tag (er ist eher langweilig) oder die Kurve des Weges ist am Rand mit im Foto. Der Pier rechts und das Schild, „Riverwalk“ geben hier genug Kontext.

Wie schon bei Deinem Foto der Brooklyn Bridge hätte ich eine noch kleinere Blende gewählt, damit die Lichter statt als Kreise als Sterne abgebildet werden, aber das fällt hier nicht so sehr negativ auf. Den ISO hätte ich ebenfalls heruntergeschraubt (Lo, nicht Hi).

Ich möchte hier eher auf Farbstimmung und Komposition eingehen.

Zur Komposition sein anzumerken, daß der natürliche Horizont (gelb) das Foto perfekt in der Mitte teilt. Das Wasser (grün) nimmt die untere Hälfte komplett ein, während die Brücke und anderen Bauwerke die obere Hälfte bestimmen.

Untere Bildhälfte

Alles ist aus dem Goldenen Schnitt heraus verschoben (rosa), das Foto lehnt sich eher an die Regel der Drittel an (blau), hält aber auch diese nicht vollständig ein.

Goldener Schnitt/Drittel

Was ich bisher von Dir gesehen habe, wurde praktisch ausschließlich im Stehen fotografiert. Das mag für bestimmte Motive angehen, aber Du könntest aus dem, was Du fotografierst, mehr herausholen, wenn Du Deinen Aufnahmestandpunkt mehr variieren würdest, und zwar bei jedem Motiv. Mach verschiedene Aufnahmen, knie Dich hin. Leg Dich hin. Steig auf etwas. Du wirst erstaunt sein, wie unterschiedlich dasselbe Objekt wirken kann, nur, indem man den Winkel des Objektivs verändert.

Hier hat der Aufnahmewinkel dazu geführt, daß das Wasser im Vordergrund das Bild wie oben erwähnt halb ausfüllt. Es wirkt für mich dadurch langweilig, weil eher statisch. Ja, die Szene war eben ruhig, aber das hält Dich nicht davon ab, etwas visuelles Interesse in die Sache zu bringen.

Deine Aufnahme lebt hauptsächlich von der blau-orangenen Farbstimmung. Beide Farben sind Komplementärfarben, was auf das menschliche Auge angenehm wirkt, und das kann man ausbauen.

Du hast hier grundsätzlich zwei Möglichkeiten: mehr vom Wasser ins Bild nehmen und die Brücke usw. mehr ins obere Drittel rücken, oder die Brücke etc. mehr nach unten bringen und das Wasser ins untere Drittel drücken.

Ich persönlich hätte die Brücke etc. radikal nach oben verschoben; jedoch so, daß noch genug Raum über ihr bleibt. Damit hätte das Wasser, ungefähr zwei Drittel des Bildes ausgefüllt. Weil sich auf ihm durch die lange Verschlußzeit die Lichter der Brücke und Gebäude in abstrakte Schlieren verwandeln, gäbe diese Entscheidung dem ganzen mehr Dynamik und einen größeren visuellen Reiz.

 

1 Kommentar
  1. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Mir gefällt das Bild durch den von Sophie schon erwähnten blau/orange Farbkontrast sehr gut. Mittels kleiner Blende verursachte Sterne vermisse ich nicht.

    Ich könnte mir vorstellen, das Bild von weiter links aufzunehmen, damit der Raddampfer mehr von der Seite zu sehen ist.
    Da ich noch nie in New Orleans war, kann ich nicht beurteilen, ob das überhaupt möglich ist, oder ob man dann im Wasser steht.

    Wie von Sophie vorgeschlagen, ist mehr Wasser im Bild durch einen tieferen Aufnahmestandpunkt auf jeden Fall einen Versuch wert.

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