Schmetterling im Flug: Ohne Tricks und Technik

Insektenbilder gibt es so viele, da braucht eine Fotografie das gewisse Etwas. Zum Beispiel muss der Schmetterling im Flug zu sehen sein – wozu viele Makrofotografen komplizierte Installationen mit viel Elektronik benutzen, ist hier aus der Hand gelungen.

kohlweissling

Kohlweissling im Flug. Nikon D3100, 1600/s, f/6.3 bei 55mm und ISO 400. © Markus Geier

Markus Geier aus 55270 schreibt zu diesem Bild: Kohlweißling nach einer halben Stunde Verfolgungsjagd endlich erwischt

Es gibt [amazon  B0053WZWZI]Lichtschranken,[/amazon] Fokus-Auslöseprogramme und ganze Wälder von Hintergründen, die man im Freien aufstellen kann, um Insekten in die Fotofalle zu locken und automatisch rechtzeitig auszulösen: Damit lassen sich faszinierende Insektenfotografien erstellen, die anders sind und sich verkaufen lassen.

Oder man verfolgt im Garten einen Flatterling und schiesst so lange Fotos, bis man ihn irgendwo sauber draufhat. Das scheint Deine Methode gewesen zu sein, und ich kann Dir zum Resultat nur gratulieren.

Wir sehen in dieser Farbfotografie einen weissen Schmetterling in der rechten oberen Bildhälfte, der von uns weg im Anflug auf eine Blüte ist, die unten links nicht ganz im Schärfebereich zu sehen ist. Der Hintergrund der Aufnahme wird gebildet von Grünzeug und einem echohaften zweiten Blütenstand, der dem Landeziel des Schmetterlings sehr gleicht. Die Aufnahme schafft mit starkem Vignetten-Effekt eine Art Tunnelblick, der die Illusion steigert, dass wir die Szene mit den Augen eines weiteren Insekts sehen.

kohlweissling_drittel  kohlweisslinggolden

Ich kehre hier die Beurteilungsreihenfolge um, denn die Komposition hast Du wahrscheinlich, wenn Du eine halbe Stunde lang hinter dem Schmetterling her gerannt bist, nicht sehr stark beeinflussen können. Deswegen gibt es dazu nur wenig zu sagen: Jedenfalls ist der Schmetterling farblich und duch die Schärfe sehr gut isoliert vom dunklen Hintergrund, es war ein Glück, dass Du halbschräg auf ihn drauf blickst, der vordere Flügel aber im Licht und der untere teil in der Schärfe liegt. Ebenso ist das Echo des Blütenstandes ein Glücksfall, weil es dem Bild in der Unschärfe eine weitere Tiefe verleiht.

Technisch gesehen ist hier fast alles komplett richtig. Zwar möchte ich, um pingelig zu sein, mehr vom Schmetterling in der Schärfenebene haben; und ich bin etwas erstaunt, dass bei 55mm Brennweite und Blende 6 diese Ebene der Schärfe nur so dünn ist. Aber glücklicherweise hast Du das Tier so erwischt, dass die Fühler und der komplette Vorderkörper in der Schärfe liegen und die bewegten Flügel unscharf sind, was bei 1600/s zwar keine Bewegungsunschärfe sein kann, aber auf den Betrachter durchaus so wirkt.

Wenn ich etwas an der vorliegenden Fotografie verbessern müsste, würde ich einerseits die Vignette nicht ganz so stark wirken lassen – sie fällt auf, und das ist für digitale Effekte nie ein gutes Zeichen.

Ausserdem würde ich das Bild leicht so beschneiden, dass der Kopf des Schmetterlings genau in die Linie des Goldenen Schnitts fällt, und dabei die beiden Blütenstände die weiteren Eckpunkte eines Dreiecks ergeben. Dabei wird leider die rote Blüte hinter dem Schmetterling zu einem Fremdkörper und muss weggeklont werden:

kohlweissling_problem

Der rote Fleck hinter dem Kohlweissling muss aus der Fotografie geklont werden.

Was jetzt bleibt, mit leichter Anhebung der Helligkeitswerte für die Tiefen und einer Absenkung der weissen Töne, dem weggeklonten roten Fleck (nicht sauber, müsste man besser machen) und dem Beschnitt zugunsten des Objektdreiecks:

Der Kohlweissling, enger Beschnitten, aufgehellt, mit abgeschwächter Vignette und leichtem Kloneinsatz hinter dem Falter.

Der Kohlweissling, enger Beschnitten, aufgehellt, mit abgeschwächter Vignette und leichtem Kloneinsatz hinter dem Falter.

2 Kommentare
  1. Markus
    Markus sagte:

    Vielen Dank Peter und Stefan für eure Bildkritik.
    Zum Zeitpunkt der Aufnahme hatte ich meine Digitalkamera erst wenige Tage und war noch in der „Probierphase“. Es war wirklich ein Glückstreffer!
    Die Vignette hatte ich gesetzt, da das Bild ansonsten nur Grün war. Ich muss euch aber Recht geben, sie hätte durchaus etwas schwächer ausfallen können.

    Lieben Gruß

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  2. Stefan Jeschke
    Stefan Jeschke sagte:

    Eine sehr schoen dynamische Aufnahme. Besonders gefaellt mir, dass der Ruessel beim Landeanflug schon ausgefahren ist (hab sich selbst so noch nicht erlebt). Hier hat sich die Hinterher-Rennerei aus meiner Sicht gelohnt.
    Aus der Meckerrecke: die Fluegeloberseite erscheint mir teilweise ausgebrannt (ohne Zeichnung). Kohlweissling bei praller Sonne (welche fuer die benoetigte kurze Belichtung ja von Vorteil ist) vor dunklem Hintergrund ist natuerlich vom Dynamikumfang her ein Albtraum, eventuell haette man in der RAW Ausarbeitung (oder bei JPEG mit „Active D-Lighting“) noch was rausholen koennen..?
    Trotzdem: so einen schoenen Landeanflug sieht man nicht alle Tage, Daumen hoch!

    Viele Gruesse,
    Stefan

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