Blumenfoto mit Leselampe: Farben- und Tiefeneffekt

Der Einsatz von Kunstlicht erlaubt bei Blumenfotos starke Effekte. Die Tiefe sollte dabei optimiert werden.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Stephan Scherze).

Kommentar des Fotografen:

Dieses Bild entstand im Frühjahr dieses Jahres. Ich wollte damit die ersten Frühblüher diese Jahres festhalten. Als Mittel dienten mir dazu meine Canon EOS 350D, mein Tamron Objektiv mit einer 200er Brennweite und einer schlichten Leselampe. Nach etlichen Aufnahmen hatte ich dann endlich den Richtigen Abstand von der Lampe, die ich von schräg links oben per Hand halten musste, gefunden, und bin so zu diesem, wie ich finde, sehr schönen Ergebnis gekommen. Ich habe mich bewusst für diese Leselampe entschieden, da mit Tageslichtlampen nicht so eine schöne Farbstimmung rausgekommen ist. Leider musste ich mich daher auf den Autofokus der Kamera verlassen.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Stephan Scherze:

Eine offene Blumenblüte, fotografiert vor rabenschwarzem Hintergrund in fahlem Licht, das von ersten, indirekten Sonnenstrahlen herrühren könnten. Die Blüte füllt den Bildrahmen fast vollständig aus und ist durch den dunklen Hintergrund radikal freigestellt.

Das Licht und die Freistellung schaffen ein etwas anderes Blumenbild: Es ist offensichtlich, dass hier nicht der botanische Apsket zählt, sondern dass die Blüte in einer ansprechenden und emotionalen Lichtstimmung gezeigt werden soll.

Tatsächlich ist kaum erkennbar, dass es sich um eine Kunstlichtquelle handelt – die Wärme des Lichttons könnte auch von einer sehr flach stehenden Sonne, vielleicht sogar von einem Vollmond stammen.

Dabei könnte man sich über die Wahl des Lichtes streiten: Grundsätzlich würde ja in jedem Fall mit einem korrekten Weissabgleich die Lichtfarbe neutralisiert, um die Farben der Blume korrekt wiederzugeben. Aber Du hast hier bewusst Wert auf die Färbung des Lichtes gesetzt, was der Blume eine ungewohnte Farbgebung verleiht. Buntes Licht kann für spannende Zwecke eingesetzt werden; Studiofotografen nutzen häufig farbige Hintergrund- und Seitenlichter – etwa das geheimnisvolle Tiefblau im Hintergrund eines Labors etc.

Du hast das Licht so gehalten, dass die Wölbung der einzelnen Blätter sehr gut sichtbar wird. Das verleiht der Blume zusammen mit der reduzierten Schärfentiefe sehr viel plastische Räumlichkeit und lässt sie aus dem Dunkel des Hintergrunds herausragen.

Der Bildrahmen wird in der Komposition fast vollständig von der Blume ausgefüllt, was oben und unten etwas beengend wirkt.

Mit der Reduktion Schärfentiefe allerdings hast Du es meiner Ansicht nach übertrieben. Auch wenn bei Makrofotografie grundsätzlich eine Freistellung vor dem Hintergrund durch Farbkontrast und Schärfentiefe wünschbar ist, schränkt mich als Betrachter eine Blende doch zu sehr ein, die mir ein Ergründen des Motivs nicht mehr erlaubt. Deine Aufnahme scheint dabei auf den Blütenstempel fokussiert, was bei dieser Neigung der Blüte und der geringen Schärfentiefe dazu führt, dass sowohl der hintere als auch der vordere Teil der Blüte der in Unschärfe liegen.

Das ist nicht ideal: Die einzige Stelle, wo ich mir die Kante eines Blütenblattes genau ansehen kann, ist die Spitze des nach rechts verlaufenden Blütenblattes. Du willst ja aber kaum nur den Stempel der Blüte inszenieren, sondern ihre ganze Feinheit mit den Adern und dem Glanz jeden Blättchens – und dazu wäre es sinnvoll dafür zu sorgen, dass der gesamte vordere Teil der Blüte in der Schärfe liegt. Eine minimal geschlossenere Blende und ein Fokuspunkt auf der Wölbung der gegen die Kamera ragenden Blättchen hätte diesen Effekt bringen können.

Dazu ist einmal mehr zu bemerken, dass sich diese feinen Unterschiede im Sucher der Kamera nicht erkennen lassen, weil erst beim Betätigen des Abblendknopfs die Blende der Voreinstellung entsprechend geschlossen wird – und bei schlechten Lichtverhältnissen ist dann im Sucher meist nicht mehr viel zu sehen.

Wenn ich Dich richtig verstehe, warst Du auf den Autofokus angewiesen, weil Du Kamera und Leselampe gleichzeitig händisch bedient hast – wenn das stimmt, kann man zum Resultat nur gratulieren. Aber eigentlich sind für Aufnahmen dieser Art ein Stativ und ein Lampenhalter unabdingbar, erlauben sehr viel mehr Feinarbeit und beispielsweise bei Kameras mit Live-View eine auf Millimeterbruchteile genaue Scharfstellung.

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