Walker Evans: Jahrzehnt für Jahrzehnt

Walker Evans in einer umfassenden Retrospektive in Köln – den Blick auf die Originale sollte sich der wahre Foto-Enthusiast nicht entgehen lassen.

Walker Evans: Pabst Blue Ribbon Sign, Chicago, Illinois, 1946
 © Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of ArtSchon 2009 bei der Ausstellung im Fotomuseum Winterthur hatten wir darauf aufmerksam gemacht, wie gut es ist, die Klassiker zu kennen. Jetzt ist Walker Evans‘ Werk erstmals in großem Umfang in Deutschland zu sehen.

Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln zeigt bis Januar 2013 über 200 Originalabzüge aus fünf Jahrzehnten – von den Zwanzigern bis zu den Siebzigern. „Decade by Decade“ lautet der Titel der Ausstellung, Jahrzehnt für Jahrzehnt.

Walker Evans, wir können es nicht genug betonen, gehört zu den großen Persönlichkeiten der Fotogeschichte. Sein Schaffen begründete einen neuen direkten Stil in der Fotografie – die “Straight Photography”. Er selbst verwandte dazu die Bezeichnung „lyrische Dokumentation“. Darin spiegelt sich sein großes Faible für die Literatur, wollte er doch zuerst Schriftsteller werden.

Walker Evans: Man Posing for Picture in Front of Wooden House, 1936 
© Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of Art

Jahrzehnt für Jahrzehnt folgt die Ausstellung Evans’ Biografie und dem sich wandelnden Zeitbild Amerikas: frühe Eindrücke der Zwanzigerjahre aus seiner Wohngegend in New York, Bildnisse seiner Freunde und Mitstreiter, Architekturen des 19. Jahrhunderts, Bildreihen aus Tahiti und Kuba, afrikanische Skulpturen und Masken, der ländliche Süden der USA der Dreissiger. Neben Straßenansichten oder Schaufensterauslagen gibt es auch Beispiele seiner Subway-Fotos zu sehen, aufgenommen mit verdeckter Kamera. Evans Vorliebe für Typographie, Werbung und Massenprodukte können als eine eine Vorschau auf die sich später entwickelnde Pop Art gesehen werden.

Walker Evans: Robert Frank, Nova Scotia, 1969-71
 © Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of Art

Die Ausstellung richtet aber ein besonderes Augenmerk auf bisher wenig bekannte Motive, auch auf jene, die in den Vierziger-, Fünfziger- und Sechzigerjahren entstanden. Sie bindet Arbeiten für die Zeitschrift Fortune ab 1945 ein; solche, die auf Reisen nach London im Auftrag für die Zeitschrift Architectural Forum oder auf Aufenthalte im Haus von Robert Frank in Nova Scotia Ende der Sechzigerjahre zurückgehen – fokussiert.com: Ein Amerikaner aus Zürich. Evans‘ letztes fotografisches Kapitel sind farbige Polaroids verdichteter Teilansichten, konkret oder abstrakt, seien es Fahrbahnmarkierungen oder Hausbeschilderungen.

Walker Evans: Façade of House with Large Numbers, Denver, Colorado, August, 1967
 © Walker Evans Archive, The Metropolitan Museum of Art

Zur Ausstellung erschien im Hatje Cantz-Verlag Ostfildern der 2012 neu aufgelegte Katalog [amazon 377573340X]Walker Evans: Decade by Decade[/amazon] mit Texten in deutscher Übersetzung.

Parallel zur Walker-Evans-Ausstellung werden verschiedene Fotografen aus den Beständen der Photographischen Sammlung gezeigt, die mit der Bildsprache des Amerikaners in enger Verbindung stehen. Darunter sind zum Beispiel Lee Friedlander, Stephen Shore, Joachim Brohm, Bernd und Hilla Becher oder Candida Höfern.

Von anderen lernte Walker Evans selber: Eugène Atget und August Sander. Über Sander schrieb Evans: „Sanders Buch („Antlitz der Zeit“, d. Autor) ist eine photographische Reflexion über Gesellschaft, ein klinischer Prozess; geradezu eine kulturelle Notwendigkeit, dass man sich fragen muss, warum nicht auch andere, sogenannte fortschrittliche Länder der Welt in dieser Weise untersucht und photographiert wurden.“

Walker Evans – Decade by Decade
Bis 20. Januar 2013
Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur, Im Mediapark 7, D-50670 Köln
+49 (0)221 888 95-300, photographie@sk-kultur.de
Geöffnet Montag, Dienstag, Donnerstag bis Sonntag 14-19 Uhr

Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert